..:: Doppel – Standard : Hochhäuser ::..
Innerhalb einer Woche erschienen im Standard (Wien) zwei ganzseitige Artikel über Hochhäuser. Am 5. April schreibt Gini Brenner eine Reportage über das Matzleinsdorfer Hochhaus, eine Woche später folgt von Martin Putschögl eine allgemeine Diskussion von aktuellen und zurückliegenden Hochhausprojekten in Wien.
Beide Artikel sind nicht uninteressant, allerdings gelingt es zweimal nicht die – aus meiner Sicht – wesentlichen Punkte heraus zu arbeiten. Die Anmerkungen erscheinen mir gerade in Hinsicht auf die geplanten zukünftigen Hochhäuser am Matzleinsdorfer Platz sehr relevant.
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Die Journalistin schreibt ganz richtig von einem “Meilenstein der Stadtentwicklung” aber verabsäumt den Kontext richtig zu erläutern: Sie schreibt vielleicht einfach missverständlich, es sei “das erste Hochhaus in einem Gemeindebau”. Man müsste wirklich betonen, dass der sog. Südturm alias Matzleinsdorfer Hochhaus selber ein Gemeindebau ist und als Teil eines großen Gemeindebau-Ensembles errichtet wurde. Außerdem zählt zum Theodor Körner Hof städtebaulich selbstverständlich auch die massive Umgestaltung des Matzleinsdorfer Verkehrsknotens in den 1950er und 1960er Jahren. Es fällt sonst schwer die historische Entwicklung des Hochhauses in dessen Umfeld und die Dimension des städtebaulichen Prestigprojekts Matzleinsdorfer Platzes richtig zu erfassen. Die Schönheit des Hauses offenbare sich erst beim zweiten Blick, so Gini Brenner. Das stimmt. Auch für den Matzleinsdorfer Platz. In der ganzen Umgebung ist der Reiz, ist das Versprechen, welches mit der Nachkriegsmoderne verknüpft und von der Stadt offensiv propagiert wurde verschwunden – in der neoliberalen Stadt bleibt nichts davon übrig, außer: Autos, Autos, Autos, Lärm und Horror.
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Das Matzleinsdorfer Hochhaus ist das erste Wohnhochhaus der Gemeinde Wien. Ein Sozialbau. Errichtet von der Stadt Wien am Gelände des ehemaligen Heumarktes.
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Martin Putschögl beschreibt recht übersichtlich die Baugeschichte von Wiener Hochhäusern. Hochhäuser seien stets ein Ärgernis. Ich frage mich, ob das in dieser Verallgemeinerung überhaupt stimmt? Oder passiert hier eine Übertragung der jüngeren Diskussionen, die geprägt waren von den Auseinandersetzungen rund um Investoren-Projekte wie dem Heumarkt-Hochhaus von Tojner, auf andere Projekte – soweit ich mich erinnern kann gab es rund um den Millenium-Tower wenig Diskussionen und die Hochhäuser der Stadt Wien (vgl. Matzleinsdorfer Hochhaus) sind eher mit Jubel begrüßt worden. Der Unterschied ist ganz einfach: Alle heutigen Hochhausprojekte sind spekulative Projekte des Kapitals, Anlageobjekte mit sauteuren Wohnungen, von denen nicht wenige leer stehen – darüber hinaus sind die Verträge zwischen Stadt und den Bauträgern geheim, es gibt leere Versprechungen hinsichtlich der Errichtung von “sozialen Wohneinheiten” (vgl. Triiiple), die Bauten fressen ganze Stadtteile, sind protzig und werfen keinerlei Mehrwert für die Bevölkerung ab. Die Symbolik ist für eine Stadt, die zu Recht sehr Stolz auf die historischen Gemeindebauten ist ein Horror. Würde ich sagen.
Interessant ist die Beschreibung einer städtebaulichen Praxis nach der anscheinend niedrigere Hochhäuser genehmigt und gewidmet werden, dann können aber durchaus rechtskonform die Hochhäuser in der Höhe noch deutlich größer werden. Alleine die “Kubatur” muss neu verteilt werden. Die schlankere Bauform der Triiiple Türme habe einen positiven Effekt auf die umliegenden Gebäude. Solche Aussagen sind nicht viel mehr als Werbebotschaften der Investoren und Architekt_innen. Jeder kann sich am Donaukanal am Vormittag ein schönes Bild vom Gemeindebau machen, der direkt neben den neuen Bauten jetzt komplett im Schatten liegt. Ich assoziiere mit dem vorspringenden Gebäudeteil keineswegs Durchlässigkeit. Ich kam letztens beim Anblick des Ensembles ein anderes Bild und ich dachte mir, in dieser Bauweise ist es für die Eigentümer der Luxuswohnungen noch einfacher auf den Gemeindebau unter ihnen zu spucken. Buchstäblich.
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Resümee: Im erwähnten Fackonzept Hochhaus steht klipp und klar festgeschrieben, dass es bei Hochhäusern einen “außerordentlichen Mehrwert für die Allgemeinheit” bedarf! Worin liegt dieser außerordentliche! Mehrwert bei den genannten neuen Hochhäusern (Triiiple, DC1, Danubflats, Marina, The Icon, Parkapartments am Belvedere, Hochhäuser im Viertel2 und Viertel2+, TwentyTwo, Leywand, Taborama, etc.)? Es gibt überhaupt keinen Mehrwert. Den Mehrwert schöpfen – und das ist klassische Wertkritik – wie eh und je die Eigentümer_innen, die Kapitalisten ab!
Was soll auch der Mehrwert zb. von Hochhäusern am Matzleinsdorfer Platz sein? Hochhäuser mit Hotel und Büros und teueren Wohnungen! Wer braucht das in Wien? Es ist schlicht und ergreifend: ein Irrsinn.