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..:: MATZ NEWS 2 ::..

OH MONO KÖR

Zumindest die Künstlerische Gestaltung der U2 Station Matzleinsdorfer Platz (Ausgang Triesterstraße, 1100 Wien) ist entschieden. Abgewickelt von KÖR und Wiener Linien wurde in einem “Geladenen diskursiven Verfahren” der Vorschlag “For Those Who / The Flock” des bildenden Künstlers und Filmemachers Phil Collins als Siegerentwurf für die U-Bahn-Station ausgewählt. Die Arbeit besteht aus einem kollektiven “Fotoalbum”, einer großflächigen Collage auf Fliesen, die aus Fotos der Bewohner*innen in der Umgebung entsteht. Er will eng mit lokalen Vereinen und Institutionen, mit den “‘Communities’ vor Ort” zusammenarbeiten, bzw. in Workshops gemeinsam mit Anrainer*innen eine Skulpturengruppe aus abstrahierten Tauben erstellen, die dann im U-Bahn-Bereich gehängt werden.

Zielsetzung sei gewesen, “ein künstlerisches Erkennungszeichen zu setzen, das den Raum ästhetisch definiert und dem Ort eine unverwechselbare Identität gibt.”

Die Entscheidung ist für mich sehr schmerzhaft, ohne dass ich die Arbeit schlecht finde. Den Entwurf entspricht zum Teil der Logik solcher Ausschreibungen, wo Künstler*innen meist ohne Bezug zu den Orten ortsbezogene Arbeiten aus dem Hut zaubern sollen.

Außerdem entspricht die Einladung einer Logik des Kunstmarktes, wo kunstmarktferne Künstler*innen, die womöglich kaum internationale Ausstellungstätigkeiten vorzuweisen haben nicht berücksichtigt werden, selbst wenn (wie in meinem Fall) die Person Jahrzehnte an diesem Platz recherchiert, dokumentiert und künstlerisch gearbeitet hat – das alles ist irrelevant.

Drittens folgt es einer Logik von KÖR und Wiener Linien. Die KÖR monopolisiert in gewisser Weise Public Art und die Wiener Linien (wie viele andere Einrichtungen) akzeptieren künstlerische Projekte (fast ausnahmslos) nur dann, wenn sie über die KÖR laufen. Künstlerische Initiativen, die nicht mit der KÖR zusammenarbeiten, Kritik an der ordnungspolitischen Ausgestaltung von Verkehrsknotenpunkten (Bahnhöfen) üben oder überhaupt anders (aktivistisch, politisch, performativ, etc.) funktionieren und deshalb nicht (offiziell) genehmigt werden können haben es schwer. Die unangenehme, die ungenehmigte Kunst ist flüchtig.

In Wirklichkeit ist die U-Bahn-Baustelle und der Umbau des Matzleinsdorfer Platzes ein langwieriger Verdrängungsprozess und ein Prozess, an dessen Ende dem Matzleinsdorfer Platz seine unverwechselbare Identität (wenn man es so nennen möchte) verlustig gegangen sein wird. Der Platz wird neu gemacht und mit komplizierter Geschichte, der alten Stadtgrenze, dem spezifischen autogerechten Verkehrsbauwerk, dem Frachtenbahnhof, mit der Ustraba oder mit einer selbstbestimmten künstlerischen Recherchearbeit wollen sich Stadtplaner*innen und Politiker*innen nicht belasten. Der Platz lebt ja lustigerweise von Differenz, von abweisenden Zuschreibungen. Bezeichnenderweise wird in städtebaulichen Prozessen zurzeit stets nach Identität verlangt ohne zu sagen, was damit gemeint ist. Identität soll Akzeptanz fürs Neue gewährleisten. Soll Identität die Menschen stärken? Ich denke es geht eher darum ein Landmark, eine Marke zu kreieren, eine Duftnote, die sich abhebt aber trotzdem aus/tauschbar bleibt.

Der Platz ist bisher äußerst markant, spröde, aber ziemlich charakteristisch und Zeuge einer anderen Epoche (angesiedelt zwischen West und Ost, eine geflieste Passage, Drehort für Agententhriller und Symbol des Aufbruchs in der Nachkriegszeit). Was derzeit passiert ist eher eine unglückliche Gleichmacherei ohne architektonisch oder gesellschaftspolitischer Vision.

Neu ist bereits die S-Bahn-Station. Sie ist komplett austauschbar. Eine Anhäufung von Glas, Nirosta, Sicherheitssystemen und Naturstein, eine reine technische Einrichtung – nicht einmal ein Klo (stimmt das?) gibt es derzeit dort.

Es wäre eine Überraschung wenn es bei der U-Bahn-Station oder bei den geplanten Wohnbauten in der näheren Umgebung anders wäre. Es wird am Matzleinsdorfer Platz aller Voraussicht nach am Ende des Prozesses ausschauen, wie in allen Neubaugebieten in Wien. Eine vergleichbare “Architektur” findet man in vielen Städten in Europa, sogar auf der ganzen Welt.

Was die Verdrängung und Vertreibung anbelangt: Es ist ein schöner Vorsatz mit den “Communities” vor Ort zu arbeiten, aber Personen und Gruppen die den Platz bislang (gerade weil er so unbequem, laut und unerwünscht war) als Aufenthaltsort genutzt haben werden bereits verdrängt und diese Dynamik wird noch zunehmen! Ecken, Nischen, Böschungen und andere Orte verschwinden, das Feuerwerkshäuschen ist abgerissen, die Verkehrsinseln werden sukzessive reguliert, der Straßenstrich ist überwiegend verdrängt, Geschäfte (Anker, Café, etc.) aufgelassen, derzeit gibt es zwar noch Bettler*innen, aber es ist nur eine Frage der Zeit (und Produkt der Regulierungspraxis von Wiener Linien, ÖBB und Stadt Wien geschuldet) bis der Verdrängungsdruck auf unerwünschte Personen weiter steigt. Die U-Bahn verschafft schließlich der Gentrifizierung in den angrenzenden Viertel einen Schub.

Im Übrigen existieren am Matzleinsdorfer Platz beim Abgang zur Unterpflasterstraßenbahn noch zwei weitere größere Kunstwerke aus Fliesen (und Ziegel). Andere Kunstwerke, wie die künstlerischen Zeichnungen am Café sind – wie das Feuerwerkshäuschen – Geschichte.

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